Die Gummibandtheorie

Mir wird immer bewusster, wie vieles was man von sich nicht mag, daher kommt, dass die Eltern (oder andere Personen) negativ bewertet haben, weil sie es beneidet haben. D.h. in unserer angeblichen Dunkelheit liegt oft die wahre Stärke...

Bestimmte Eigenschaften werden in der frühen Kindheit gefördert und unterstützt. Die Kinder neigen dann auch zum übertreiben, da sie hier darin ein Ersatz für Liebe erkennen: "mein Papa mag mich, wenn ich soundso bin". Aber ab einem gewissen Alter ist dieses positive nicht mehr positiv, sondern eher negativ, weil das Kind plötzlich in Konkurrenz mit den Erwachsenen steht (d.h. näher und die Identifizierung mit dem herranwachsenden Menschen ist einfacher/näher).
Beispiel: ein 5 Jähriges besserwisserisches Kind ist noch ganz niedlich, aber ein 12 jähriges besserwisserisches Mädchen nervt! Das gleiche gilt für das Gegenteil: ein kleiner vorsichtiger Junge ist niedlich, aber ein vorsichtiger 13 Jähriger ist eine Memme, der bald lernt, so zu tun als wäre er das Gegenteil von seinem Kern: Hauptsache die Anderen bemerken es nicht. Es gibt die Leute die sich anpassen und versuchen "richtig" zu sein, obwohl sie nie ihren inzwischen eigenen verinnerlichten Ansprüche genügen können. Und dann gibt es Menschen, die trotzig "falsch" sind. In beiden Fällen wirkt diese Eigenschaft künstlich und übertrieben, weil damit ein Unwohlsein und ein Druck verbunden ist, der auch (in der Regel intuitiv) von Außen spürbar ist.



Wenn wir auf dem Boden eine Linie zeichnen würden, und diese Linie diese eine konkrete Eigenschaft darstellen würde, dann hätte jeder seinen natürlichen Platz auf der Linie, irgendwo zwischen den Extremen. Wenn jetzt diese Eigenschaft nun in uns konfliktiv ist, werden wir zu einem Extrem tendieren und immer unter Kraftaufwand versuchen etwas darzustellen was wir nicht sind (am Gummi ziehen!). Oft ist es sogar so, dass dieser Kraftaufwand uns kaum vom eigentlichen Fleck bewegt, aber gerade diese Anspannung ist es was die Eigenschaft unnatürlich und gefälscht für Andere erscheinen lässt.

Sobald wir aufhören uns an diese Glaubenssätze festzuhalten und uns deshalb zu verurteilen und zu verstellen, stellen wir erstaunt fest, dass wir gar nicht sind, wie wir dachten. Denn wir denken immer, dass wir viel "schlimmer" sind als es der Wirklichkeit entspricht. Wir selbst sind uns unser schärfster Kritiker. Es ist nicht nötig und nicht fruchtbar versuchen sich zu verändern. Erst wenn wir das Negative als auch eine positive Eigenschaft zu sehen beginnen, verändert wir uns ganz von alleine und kommen immer mehr zum eigenen Gleichgewicht. Wenn also "kalt" eine solche Eigenschaft von mir wäre und ich gelernt hätte, dass "kalt" zu sein schlecht ist (bzw. konfliktiv), dann werde ich versuchen "warm" zu sein, und bin manchmal/oft so warm, dass es wieder unangenehm ist, oder ich resigniere und "bin halt kalt", dann bin ich aber erst recht "kalt" oder noch viel kälter als "kalt", damit auch die Bewertung von außen zu meinem "sein" passt. Aber wenn ich bemerke, dass meine "Wärme" irgendwo in zwischen den Extremen ist, und dass es gut so ist, kann ich aufhören andere mit meiner "Wärme" oder "Kälte" zu belästigen, kann sogar manchmal etwas "kälter" oder etwas "wärmer" sein, je nach Gelegenheit und mich nicht an Glaubenssätzen sondern an meine Umgebung und meine jeweiligen Bedürfnisse anpassen. Zu unterscheiden, wann es angebracht ist "kalt" zu sein und wann "warm", wann ich selbst mich so fühle und wann es mir oder anderen etwas bringt, darin liegt die Schwierigkeit. Diese Flexibilität ist viel unsicherer als starre Glaubenssätze zu befolgen. Aber genau diese Flexibilität ist auch ein Zeichen von Reife und Weisheit.

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